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Demenz: Einander offen begegnen

Montag, 16. September 2019 bis Montag, 30. September 2019

Die Menschen in Deutschland werden immer älter – eine Folge von guten Lebensbedingungen und hochwertiger Gesundheitsversorgung. Bestimmte Krankheiten, die oft erst im hohen Alter ausbrechen, sind dadurch heute weiter verbreitet als früher. Dazu gehören Demenzerkrankungen. Die häufigste Demenzerkrankung ist die Alzheimer-Krankheit, die bis heute nicht heilbar ist. Aber Therapien und Medikamente können die Symptome lindern und den Verlauf hinauszögern.

Jedes Jahr am 21. September macht der Welt-Alzheimertag mit Veranstaltungen auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen aufmerksam. Das Motto 2019 „Einander offen begegnen“ benennt ein wichtiges Anliegen in der Gesellschaft.

Was ist eine Demenz?

Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns. Das Gehirn hat dabei zunehmende Schwierigkeiten, Informationen aufzunehmen, sie zu speichern und wieder abzurufen. Sich etwas zu merken, sich räumlich und zeitlich zu orientieren, die richtigen Worte zu finden – all das wird immer schwieriger. Dadurch wirkt sich eine Demenz mit teils gravierenden Einschnitten auf die eigenständige Lebensführung aus – und kann sogar zu ihrem vollständigen Verlust führen. Betroffene benötigen mehr und mehr Hilfe bei praktischen Alltagstätigkeiten.

Woran erkenne ich eine Demenz?

Zu Beginn treten meist Gedächtnisprobleme auf. Vor allem neue Informationen können nicht mehr gut abgespeichert werden. Daneben sind die Aufmerksamkeit, die Sprache, die Auffassungsgabe, das Denkvermögen und der Orientierungssinn betroffen. Hinzu kommen Stimmungsschwankungen und Verhaltensänderungen.

Stadien der Demenz

Die Demenz verläuft meist in drei Stadien:

  • Im frühen Stadium,auch Vergessensstadium oder leichte Demenz genannt, sind die Menschen in ihren Tätigkeiten und sozialenAktivitäten zwar beeinträchtigt, können aber meist noch unabhängig leben. Ihr Urteilsvermögen ist noch intakt. Sie verfügen in der Regel über eine breite Palette an Fähigkeiten, die sie bei Aufforderung aktivieren können.
  • Im mittleren Stadium, auch Verwirrtheitsstadium oder mittelgradige Demenz genannt, ist die selbstständige Lebensführung nur noch mit Schwierigkeiten möglich. Die Betroffenen benötigen zunehmend Hilfe, um ganz alltägliche Handlungen ausführen zu können. Jemand muss sie bei den so genannten Basisaktivitäten unterstützen: beim Essen, Trinken, Anziehen, Toilettengang usw. In diesem Stadium konzentriert sich die Pflege darauf, einfache Fähigkeiten durch Aktivieren und Wiederholen zu erhalten oder aufzubauen. Verhaltensänderungen treten jetzt gehäuft auf. Sie können sich zum Beispiel als Angst, Ruhelosigkeit, Umherlaufen, Schlafstörungen, Aggression, Wut, Niedergeschlagenheit und Stimmungsschwankungen bemerkbar machen.
  • Im späten Stadium,auch Hilflosigkeitsstadium oder schwere Demenz genannt, sind die Aktivitäten des täglichen Lebens so stark beeinträchtigt, dass eine ständige und kontinuierliche Beaufsichtigung der Betroffenen nötig ist. Zusätzlich zu den Basisaktivitäten verschwindet nun auch mehr und mehr das Sprechen. Oft befinden sich die Menschen dann in einem in sich zurückgezogenen Zustand, der Außenstehenden als „Dämmerzustand“ erscheint.

Vorbeugung ist möglich

Forschungsergebnisse zeigen, dass ein gesunder Lebensstil die Erkrankung auch bei solchen Menschen hinauszögern kann, die ein relativ hohes genetisches Risiko für Demenz in sich tragen. Gesunde Ernährung, Sport, soziales Miteinander sowie geistig anspruchsvolle Aktivitäten schützen das Gehirn. Wer also viel liest und schreibt, Kreuzworträtsel löst, im Chor singt, ein Instrument spielt, mit anderen Karten- und Brettspiele spielt oder über aktuelle Themen diskutiert, sorgt nicht nur für Zeitvertreib, sondern trainiert auch seine geistige Leistungsfähigkeit.

Im Gegensatz zu diesen aktiven Tätigkeiten scheint die passive Freizeitbeschäftigung Fernsehen nicht zum Erhalt des Denkvermögens beizutragen. Denn Bewegung ist wichtig – nicht nur für den Körper, sondern auch für den Kopf. Ältere Menschen, die regelmäßig körperlich aktiv sind, sind seltener von geistigen Leistungseinschränkungen betroffen als Bewegungsmuffel. Besonders günstig scheint sich zum Beispiel Tanzen auszuwirken: Es stellt große Anforderungen an Körper und Gehirn, fördert die sozialen Kontakte und hebt mit beschwingter Musik die Stimmung.

Studien zeigen, dass ein zeitlebens aktives, gefordertes Gehirn zu einer so genannten kognitiven Reserve führt. Das Ergebnis einer Forschungsreihe war beispielsweise, dass Personen mit hoher Reserve im Schnitt acht Jahre später erkrankten als solche mit geringer Reserve. Körperlich und geistig aktiv zu sein und auch im Alter zu bleiben, zahlt sich also aus.

Noch Vergesslichkeit oder schon Demenz?

Menschen, die ein Nachlassen ihrer Gedächtnisleistung feststellen, sich häufiger nicht mehr an kurz zurückliegende Ereignisse erinnern, Schwierigkeiten haben, die richtigen Worte zu finden und selbstverständliche Aufgaben immer mühsamer bewältigen, stellen sich oft die Frage, ob dies auf eine beginnende Demenz zurückzuführen ist. Vielleicht haben auch Angehörige oder Menschen aus dem sozialen Umfeld die Veränderungen bemerkt und das Gespräch mit dem Betroffenen gesucht.

Besteht die Befürchtung, an Demenz erkrankt zu sein, ist es sinnvoll, zunächst die Diagnose abklären zu lassen, am besten in der hausärztlichen Praxis. Denn es gibt Erkrankungen im Alter, zum Beispiel Depression, die sich ähnlich äußern, bei denen es sich jedoch nicht um eine Demenzerkrankung handelt.

Und wenn es Demenz ist?

Ist die Diagnose eindeutig, sollte eine Fachärztin oder ein Facharzt für Geriatrie, also für Altersmedizin, zur weiteren Behandlung hinzugezogen werden. Im Frühstadium helfen den Betroffenen und ihrem Umfeld darüber hinaus Gruppenangebotebei der Krankheitsbewältigung.

Neben der Auseinandersetzung mit einer möglichen Demenzerkrankung ist es vor allem wichtig, die gewohnten und geliebten Beschäftigungen aufrechtzuerhalten. Die Fortführung sportlicher Aktivitäten, die Teilnahme am Vereinsleben, das Zusammensein mit anderen Menschen, Museumsbesuche oder die aktive Mitgliedschaft im Chor bringen auch weiterhin Lebensfreude und Ausgeglichenheit.

Spätestens jetzt sollten die Weichen für das weitere Leben gestellt werden. Durch Vollmachten können Menschen mit Demenz Einfluss darauf nehmen, wer zukünftig an ihrer Stelle Entscheidungen treffen soll. Rechtzeitige Absprachen innerhalb der Familie helfen, die spätere Betreuung nach den Vorstellungen und Wünschen von Betroffenen zu gestalten.

Was können Angehörige machen?

Familienmitglieder und Zugehörige sollten versuchen, die Demenz zu akzeptieren und zu lernen, mit ihr umzugehen. Viele Reaktionen des Menschen mit Demenz können als Ausdruck verstanden werden, das eigene „Selbst“ festhalten zu wollen und den Kontrollverlust über Denken und Handeln aufzuhalten. Wichtig ist es, die Eigenständigkeit der Person, ihre Vorlieben und Fähigkeiten zu unterstützen, gegebenenfalls kreative Ausdrucksmöglichkeiten bereitzustellen und sie anerkennend in den alltäglichen Ablauf einzubeziehen.

Auch für sich selbst sollten Zugehörige Hilfe in Anspruch nehmen, etwa in Form von Pflege-Schulungen, Gesprächskreisen oder Betreuungsangeboten.

Was können alle tun?

Menschen mit Demenz wollen nicht ausgegrenzt werden. Sie wollen mitreden, mitbestimmen und sich aktiv in die Gesellschaft einbringen. Gerade in der frühen Phase der Demenz ist dies gut möglich. Ganz praktisch heißt das, dafür zu sorgen, dass Frau Meier nach ihrer Demenz-Diagnose so lange wie möglich einkaufen gehen kann. Dass Herr Müller, ebenfalls an Demenz erkrankt, ein Museum oder ein Theaterstück besuchen kann. Oder dass Frau Schmidt weiter am Gymnastikkurs ihres Sportvereins teilnimmt. Es ist wichtig, dass wir Menschen mit Demenz die Fortführung ihres gewohnten Lebens ermöglichen, sie an der Gemeinschaft teilhaben lassen und ihnen offen begegnen – nicht nur am Welt-Alzheimertag.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Susanne Schneider www.freistil-texte.de
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther


Weiterführende Links

Ansprechpartner, Informationen, Tipps und Adressen von Anlaufstellen für Menschen mit Demenz, Zugehörige und Fachkräfte in Rheinland-Pfalz finden Sie beim Landes-Netz-Werk Demenz und stehen auf der Website der LZG.

Das Sozialportal Rheinland-Pfalz versammelt Angebote zur Pflege, zum Wohnen und zur Beratung von älteren Menschen.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft informiert u.a. über den Welt-Alzheimertag.

Neuere Studienergebnisse zu Einflussfaktoren auf Demenz fasst die Ärzte Zeitung zusammen.

Ein anderer Artikel der Ärzte Zeitung zeigt, wie der Lebensstil das Demenzrisiko beeinflusst.


 

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