Grippeschutzimpfung – in Corona-Zeiten wichtiger denn je
Freitag,
16. Oktober 2020
bis Samstag,
31. Oktober 2020
Die kalte Jahreszeit rückt mit großen Schritten näher – und damit auch die nächste Grippewelle, die sich in Deutschland unweigerlich in den Wintermonaten mit unterschiedlicher Schwere verbreitet. Die Frage, ob man sich gegen Grippe impfen lassen soll, bekommt in diesem Jahr besonderes Gewicht. Grund ist die Corona-Pandemie. Obwohl man davon ausgehen kann, dass die Schutzmaßnahmen gegen Corona – Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen und Alltagsmasken – auch vor Erkältungs- und Grippeinfektionen schützen, raten Experten aktuell verstärkt zur Grippeschutzimpfung.
„Da mit einem Anstieg der Corona-Infektionen gerechnet wird, spielt neben der Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung auch die um das Gesundheitssystem eine wichtige Rolle. Bei beiden Viruserkrankungen kann es zu schweren Verläufen mit einer Lungenentzündung kommen, die mit erheblicher Atemnot verbunden ist. Dies macht eine intensivmedizinische Behandlung mit Sauerstoffgabe notwendig, bis hin zur Beatmung. Das könnte zu einer hohen Zahl an Beatmungspatienten führen, die die Kapazitäten in den Intensivstationen überfordern“, erklärt Sanitätsrat Dr. Michael Fink, Vizepräsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Auch sollte nicht übersehen werden, dass Herzkranke während der ersten Woche einer Grippeerkrankung einem doppelt so hohen Herzinfarktrisiko ausgesetzt sind, so Dr. Fink.
Die Schutzimpfung verhindert zudem eine Doppelinfektion mit Grippe- und Coronaviren. Sie trägt zur allgemeinen Stärkung des Immunsystems bei, denn jede Impfung gilt als eine Trainingseinheit für die Immunabwehr.
Wer sollte sich impfen lassen?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut empfiehlt derzeit die Grippeschutzimpfung vor allem für Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Infektionsverlauf. Dazu zählen:
- Menschen über 60 Jahre,
- Menschen jeden Alters mit einer Grunderkrankung, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten, Lungenerkrankungen (zum Beispiel Asthma oder chronische Bronchitis), Leber- oder Nierenerkrankungen, Immunschwächekrankheiten, Diabetes oder Multiple Sklerose,
- Menschen jeden Alters, die beruflich oder privat viel mit diesen Risikogruppen zu tun haben, also medizinisches Personal, Pflegepersonal, (pflegende) Angehörige sowie Rettungskräfte und Polizeibeamtinnen und -beamte,
- Schwangere,
- Menschen jeden Alters, die berufsbedingt viel Publikumsverkehr ausgesetzt sind.
Bis die Grippeschutzimpfung ihren vollen Schutz entfaltet, dauert es rund zwei Wochen. Die Impfung sollte also rechtzeitig im Herbst vorgenommen werden, um für die winterliche Grippewelle gewappnet zu sein. Diese hat ihren Höhepunkt erfahrungsgemäß im Januar und Februar.
Sollten auch Kinder geimpft werden?
Einige Stimmen empfehlen dies in der Annahme, dass Kinder das Virus häufig in die Familien und damit in die Risikogruppen tragen. Diese Meinung ist jedoch umstritten: Viele Fachleute sehen keine Beweise dafür, dass Kinder entscheidend zur Verbreitung der Grippe beitragen. Sie empfehlen deshalb, zunächst nur Kinder mit Vorerkrankungen zu impfen.
Dennoch scheint die Impfung der gesamten Bevölkerung, Kinder eingeschlossen, grundsätzlich sinnvoll – denn es handelt sich bei der Grippe um eine Erkrankung, die auch tödlich verlaufen kann. Da jedoch nur eine begrenzte Menge an Impfstoff zur Verfügung steht, könnten am Ende ausgerechnet die besonders gefährdeten Personen der Risikogruppe nicht geschützt sein. Deshalb sehen viele Fachleute aus dem Gesundheitswesen von einem entsprechenden Aufruf ab.
Wie viel Impfstoff wird gebraucht?
Der Impfstoff gegen Grippe muss jedes Jahr aufwändig neu hergestellt werden – denn das Grippevirus verändert sich ständig. Aufgrund der Erfahrungen in den Regionen der Südhalbkugel, wo die Grippewelle zeitversetzt zur Nordhalbkugel verläuft, versucht man die notwendigen Antikörper für das laufende Jahr zu bestimmen. So bleibt nur eine kurze Zeitspanne für die Herstellung des Impfstoffes, und er kann nicht wie andere, saisonal unabhängige Impfstoffe auf Vorrat hergestellt werden. Zudem ist die Herstellung des Impfstoffes kompliziert und langwierig.
Die Verläufe der jährlichen Grippewellen sind unvorhersehbar. Während im Winter 2017/18 mehr als 25.000 Menschen in Deutschland an den Folgen einer Grippeerkrankung starben, waren es im Winter 2018/19 nur 411 Personen. Für den kommenden Winter wurde laut Gesundheitsminister Spahn sicherheitshalber eine Rekordmenge an Impfstoff geordert, um eine gesteigerte Nachfrage bedienen zu können. Letztlich baut man bei der Produktion und Bestellung aber auf Schätzungen, denn es lässt sich nie genau vorhersagen, wie viele Menschen tatsächlich geimpft werden wollen.
Ist die Grippeschutzimpfung gefährlich?
Die Bedenken, die manche Menschen gegen die Grippeimpfung hegen, sind medizinisch nicht belegt. Die Impfung gilt im Gegenteil als gut verträglich. „Es kann passieren, dass rund um die Einstichstelle Hautrötungen, leichte Schmerzen und Schwellungen auftreten. Eine verstopfte oder laufende Nase kann genauso vorkommen wie die typischen Erkältungssymptome Fieber, Schwitzen und Müdigkeit“, sagt Dr. Fink. Die Folgeerscheinungen halten in der Regel nicht länger als zwei Tage an – das ist die Zeit, in der sich das Immunsystem mit dem Impfstoff auseinandersetzt. Da der Grippeimpfstoff auf der Basis von Hühnereiweiß hergestellt wird, sollten allergische Personen dies in der Arztpraxis ansprechen. Sie können auf jeden Fall geimpft werden, sollten jedoch anschließend überwacht werden.
Wichtig ist auch, dass man zum Impfzeitpunkt weder Fieber hat, noch einen grippalen Infekt in sich trägt. Deshalb fragen Ärztinnen und Ärzte vor der Impfung nach dem Bestehen fieberhafter Infekte im direkten sozialen Umfeld.
Fazit: Warum ist es in diesem Jahr besonders wichtig, sich vor Grippe zu schützen?
Auch wenn natürlich der Grippeimpfstoff nicht vor Corona schützen kann, so bewirkt er doch, dass alle Geimpften etwas für ihren eigenen Schutz vor Grippe und damit für ihre Gesunderhaltung tun. Gleichzeitig schützen sie auch andere, die nicht gegen Grippe geimpft sind, denn Grippegeimpfte können das Grippevirus nicht übertragen.
Eine Grippeerkrankung bedeutet für das Immunsystem der Erkrankten eine große Belastung. Sie laufen dadurch Gefahr, sich zusätzlich das Coronavirus einzufangen und weiterzugeben. Und nach wie vor gilt es, das Gesundheitssystem so weit wie möglich zu entlasten und die Intensivstationen für unvermeidbare Fälle freizuhalten.
AHA-Regeln nicht vergessen
Grippeviren können über Tröpfcheninfektion beim Husten oder Niesen sowie über Hände und Oberflächen übertragen werden. Neben einer Impfung schützen daher auch die während der Corona-Pandemie eingeübten AHA-Regeln vor Grippe: Abstand halten, Hygiene – in Form von regelmäßigem, gründlichem Händewaschen mit Seife – sowie Alltagsmasken.
© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Susanne Schneider, www.freistil-texte.de
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther, Mail: bkahl@lzg-rlp.de
Weiterführende Links
Gesundheitsministerium RLP: Keine Knappheit bei Grippeimpfstoff
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Grippeimpfung in der Coronavirus-Pandemie
Über die Herstellung des Grippeschutz-Impfstoffs
Unterschiedliche Stimmen zur Grippeimpfung für alle
Wissenswertes rund um die Grippe von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Covid-19 und Grippe
In diesen Kategorien finden Sie Themen, die Sie auch interessieren könnten: