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Im Fokus: Kinder aus suchtbelasteten Familien

Mittwoch, 1. Februar 2017 bis Mittwoch, 15. Februar 2017

Aktionswoche der Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien e.V.

In Deutschland findet vom 12. bis 18. Februar 2017 die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien statt. Unter dem Motto „Vergessenen Kindern eine Stimme geben“ ruft die Selbsthilfeorganisation NACOA, Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien e.V., zur Beteiligung auf.

Die LZG unterstützt diese Kinder in Rheinland-Pfalz

Die LZG schließt sich diesem Aufruf an und unterstützt ganz besonders in dieser Februarwoche die Kinder aus suchtbelasteten Familien in Rheinland-Pfalz. Es finden von der LZG begleitete Veranstaltungen für diese Kinder und ihre Familien in den Regionen statt. Wir freuen uns, wenn auch Sie an diese Kinder denken und da, wo es Ihnen möglich ist, Ihre Unterstützung einbringen. Das LZG-Gesundheitstelefon gibt Ihnen dazu im folgenden Hintergrundinformationen und Ratschläge an die Hand.

Zahlen zu betroffenen Kindern aus suchtbelasteten Familien

In Deutschland lebt jedes sechste Kind in einer Familie, in der ein oder beide Elternteile von einer Suchterkrankung betroffen sind. Bezüglich der Alkoholproblematik hierzulande bedeutet das, dass in einer Schulklasse etwa drei Kinder aus einer Familie mit einem Alkoholproblem kommen. Oder anders formuliert, dass in etwa jedem zehnten Haus ein Kind lebt, dessen Vater und beziehungsweise oder dessen Mutter eine Alkoholerkrankung hat. Mit ein oder zwei drogenabhängigen Elternteilen leben in Deutschland etwa 50.000 Kinder zusammen. Die Zahl der Kinder mit medikamentenabhängigen, spielsüchtigen oder essgestörten Eltern ist nicht bekannt.

Die Suchterkrankung der Eltern gefährdet die gesunde Entwicklung der Kinder

Diese Kinder suchtbelasteter Familien bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit – einer Sensibilität im Umfeld, sicherer und liebevoller Beziehungen außerhalb der eigenen Familie und professioneller Begleitung durch kompetente Hilfesysteme. Die landläufige Meinung, dass die betroffenen Kinder die Umstände in ihrer Familie „nicht mitbekommen“, also will heißen, nicht realisieren, ist falsch. Nur etwa die Hälfte der Kinder aus suchtbelasteten Familien werden gesunde Erwachsene. Die anderen 50 Prozent sind gefährdet, aufgrund der elterlichen Situation eigene Erkrankungen zu bekommen. Denn die Suchterkrankung der Eltern hat problematische Auswirkungen auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder. Die Atmosphäre zu Hause ist häufig angespannt, von willkürlichem Verhalten und schwankenden Stimmungen geprägt. Im Rausch überschreiten die Eltern häufig Grenzen. Nicht selten kommt es zu Streit, manchmal sogar mit Gewalt bis hin zu sexuellen Übergriffen. Dieses Verhalten bereuen die Eltern dann nachher und versuchen, „es wieder gut zu machen“. So müssen die Kinder sich häufig extremen Stimmungsschwankungen anpassen.

Kinder suchtkranker Eltern leiden

Kinder, die solchen Situationen im Elternhaus ausgeliefert sind, sind meist durchgehend belastet. Das kann zu Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie zu Leistungsmangel führen. Auch auffälliges Verhalten der Kinder kann eine Folge sein, weil sie ein auffälliges Gebaren vorgelebt bekommen. Bleibt die belastende Situation im Elternhaus über einen langen Zeitraum bestehen, können die Kinder eigene psychosomatische Beschwerden oder sogar eine eigene Suchterkrankung entwickeln.

Diese Kinder haben besonders positive Fähigkeiten

Es gibt jedoch auch Positives zu berichten: Es zeigt sich nämlich, dass Kinder aus suchtbelasteten Familien meist gut in der Lage sind, eigene positive Stärken aus der vorhandenen schwierigen Situation zu entwickeln. So nutzen sie ihre Talente effektiv und haben nicht selten spezielle Hobbies. Sie nehmen gerne an Gemeinschaftsaktivitäten teil und bringen sich gut ein. Aufgrund der problematischen Situationen, die ihnen im Alltag begegnen, können sie meist gut und positiv mit Problemlagen umgehen. Sie haben oft gerade hier gute Ideen, wie es weitergehen kann. Außerdem wissen sie gute Freundschaften zu schätzen.

Tipps aus der Resilienzforschung zur Unterstützung der Kinder

Wie können Personen im direkten Umfeld diese Kinder unterstützen, damit sie gesund heranwachsen? Was können Erzieher und Lehrer, aber auch Angehörige, Freunde und Nachbarn tun, um zu helfen? Hier gibt es Ratschläge aus der Resilienzforschung – der Forschung, die sich mit der psychischen Widerstandskraft des Menschen beschäftigt:

  • Grundlegendes Vertrauen: Wenn wir diesen Kindern in einer vertrauensvollen Atmosphäre begegnen, erfahren sie, dass das Leben einen Sinn hat und es Lösungen bei Problemen gibt.
  • Wenn das Kind dafür bereit ist, hilft die Auseinandersetzung mit der Realität in Form von Gesprächen oder auch durch Malen. So bekommt das Kind eine Einsicht für die Situation der elterlichen Erkrankung. Es kann besser eigene Entscheidungen treffen und einen alternativen Lebensweg finden.
  • Die gesunde Bindungsfähigkeit ist ein wichtiger Bereich. Meist haben die Kinder aus suchtbelasteten Familien weitere Bezugspersonen, zu denen es gute Verbindungen gibt. Wichtig ist, dafür zu sorgen, dass diese Verbindungen möglichst bestehen bleiben.
  • Die Kinder aus suchtbelasteten Familien verfügen nicht selten über große Improvisationsfähigkeit. Es ist wichtig, die Förderung ihrer Kreativität zu unterstützen, damit sie neben dem recht starren Erleben im Elternhaus eine freie Entfaltungsmöglichkeit erhalten.
  • Auf den Kinderstationen in Krankenhäusern gibt es oftmals Clowns. Von ihnen wissen wir, welch positive Wirkung der Humor auf das Wohlbefinden und die Heilung hat. Humor ist also ein weiterer wichtiger Bereich. Durch beispielsweise ein lustiges Theater in der Kita oder einen netten Kindergeburtstag in der Nachbarschaft kann man den Kindern das Lachen in einer schönen Atmosphäre ermöglichen.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Nina Roth, Redaktion: Marielle Becker


 

Weiterführende Links

Seite der NACOA, Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien e.V., mit vielen Informationen und Hilfeangeboten (auch Beratung und Chats)

Angebote der LZG für die Unterstützung von Kindern aus suchtbelasteten Familien in Rheinland-Pfalz – mit Fortbildungsangeboten, der Förderung von Kindergruppen und der Teilnahmemöglichkeit an einem Arbeitskreis

Die Ausstellung „Ich umfasse einen Baum“ beinhaltet Bilder, die von Kindern aus suchtbelasteten Familien gemalt wurden. Diese Wanderausstellung kann unentgeltlich (nur Transportkosten) bei der LZG ausgeliehen werden.

Materialien der LZG zum Thema: Factsheet, Entscheidungsmatrix bei verhaltensauffälligen Kindern aus suchtbelasteten Familien in der Kindertagesstätte usw.

 


 

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