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Kaiserschnitt und natürliche Geburt

Sonntag, 16. Juni 2019 bis Sonntag, 30. Juni 2019

Früher war es üblich, dass eine Frau ihr Baby auf natürlichem, also vaginalem Weg zur Welt brachte. Der Kaiserschnitt, medizinisch Sectio, war für den Notfall reserviert. Doch heutzutage scheint er eine gängige Alternative zur Spontangeburt zu sein. Dies hat einerseits damit zu tun, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Kaiserschnitt die vermeintlich leichtere Geburt ist – viele prominente Mütter tragen dazu bei. Zudem hat sich aber in den letzten Jahren ein neues Phänomen entwickelt, das mit der Bezeichnung „Tokophobie“ umrissen wird: die starke Angst vor einer Spontangeburt. Sie stellt den häufigsten Grund für einen „Wunschkaiserschnitt“ dar. Bei der Tokophobie handelt es sich um eine Angststörung. Manchmal wird diese von Müttern auf ihre Töchter übertragen. Manchmal stehen auch eigene Erfahrungen dahinter, wie etwa erlebter Missbrauch, schmerzhafte sexuelle Erfahrungen, traumatisierende Bilder. Und manchmal entsteht die Angst einfach aus Unwissenheit.

In Deutschland entscheiden sich mittlerweile über 30 Prozent der Frauen für einen Kaiserschnitt. Damit hat sich in den vergangenen 20 Jahren der Anteil an Kaiserschnittentbindungen mehr als verdoppelt – mit weiterhin steigender Tendenz, wie die Zählungen des Statistischen Bundesamtes ergeben. Dabei liegt für weniger als 10 Prozent der Kaiserschnitt-Operationen eine medizinische Notwendigkeit vor, so das Deutsche Ärzteblatt. Vielen Frauen ist nicht klar, dass auch ein Kaiserschnitt Schmerzen mit sich bringt, zwar nicht während, aber nach der Geburt. Außerdem ist ihnen oft nicht bewusst, dass es sich bei einem Kaiserschnitt um eine tiefgehende Bauchoperation handelt, für die man sich nicht leichtfertig entscheiden sollte.

Verlauf eines Kaiserschnitts

Bei einem Kaiserschnitt bekommt die werdende Mutter zunächst eine Spinalanästhesie, also eine Betäubungsspritze in die Wirbelsäule, so dass sie vom Bauchnabel an abwärts keine Schmerzen spürt. Dann wird die Bauchdecke oberhalb der Schambehaarung mit einem zwölf bis vierzehn Zentimeter langen Schnitt geöffnet. Ein zweiter Schnitt öffnet die Gebärmutter, und das Kind wird aus dem Bauch geholt. Nun werden Gebärmutter und Bauchdecke wieder verschlossen. Der Eingriff dauert 20 bis 30 Minuten. Nach dieser Operation können noch längere Zeit Wundschmerzen auftreten, zudem sind die Mütter beim Heben und Tragen von schweren Dingen zunächst eingeschränkt.

Die Hauptgefahr, die ein Kaiserschnitt für das Baby mit sich bringt, ist das Risiko von Atemstörungen. Denn bei einem Kaiserschnitt unterbleibt die Bildung von Stresshormonen, die aber wichtig sind, damit die Lungenbläschen des Kindes von Flüssigkeit befreit werden und es atmen kann. Bei einem Drittel der Babys, die per Kaiserschnitt auf die Welt kommen (und nur bei 3,7 Prozent der vaginal geborenen Kinder) kommt es zu Atemstörungen nach der Geburt. Diese verlaufen zwar meist milde – gefährliche Komplikationen sind aber nicht auszuschließen.

Wann ist ein Kaiserschnitt medizinisch angezeigt?

Ein Kaiserschnitt ist angezeigt, wenn durch die natürliche Geburt bei Mutter oder Kind Komplikationen oder Gefahren drohen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn es bei der Mutter zu Verletzungen des Geburtskanals, etwa zu einem Dammriss, kommen kann. Dieses Risiko hat in den letzten Jahrzehnten tatsächlich zugenommen, da das Geburtsgewicht der Kinder gestiegen ist und damit auch der Anteil der Kinder mit einem großen Kopfumfang. Das weibliche Becken konnte sich dieser raschen Entwicklung nicht anpassen. Bevor das Kind mit einer Geburtszange oder einer Saugglocke geholt wird, ist ein Notfallkaiserschnitt meist die bessere Lösung. Für einen Kaiserschnitt spricht auch, wenn sich der Mutterkuchen, die Plazenta, vorzeitig ablöst. Auch wenn das Kind falsch in der Gebärmutter liegt, also nicht mit dem Kopf nach unten, sondern in Quer- oder Beckenlage, ist ein Kaiserschnitt angeraten, und ebenfalls, wenn sich die Nabelschnur um den Hals legt und dem Neugeborenen ein Sauerstoffmangel droht. Mehrlinge kommen oftmals sicherer mit Hilfe eines Kaiserschnitts auf die Welt. Ein Bauchschnitt ist auch dann erforderlich, wenn die Mutter unter Herzproblemen oder starkem Bluthochdruck leidet, oder wenn das Kind einen angeborenen Herzfehler hat.

Umgang mit der Angst

Angst vor der Geburt ist ganz normal und betrifft alle schwangeren Frauen. Wer das erste Kind erwartet, hat vor allem Angst vor dem Schmerz und dem Ungewissen. Hier hilft ein Geburtsvorbereitungskurs, in dem Sie lernen, sich bewusst zu entspannen und richtig zu atmen. Auch Yoga oder Autogenes Training können hilfreich sein. Auf diese Weise lernen Sie, besser mit dem Schmerz umzugehen und fühlen sich weniger ausgeliefert.

Die Tokophobie kann durch eine Psychotherapie behandelt werden. Hier geht es darum, sich mit den panikauslösenden Gedanken und Bildern zu befassen und Methoden zu lernen, damit umzugehen.

Trotz aller Risiken, die auch die natürliche Geburt mit sich bringt, scheint sie heutzutage immer noch sicherer als ein Wunschkaiserschnitt zu sein. Suchen Sie auf jeden Fall das vertrauensvolle Gespräch mit Ihrer Frauenärztin bzw. Ihrem Frauenarzt und auch frühzeitig mit Ihrer Hebamme. Sie werden sie gerne beraten.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Dr. Beatrice Wagner, www.beatrice-wagner.de
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther
 

 

Weiterführende Links

Kaiserschnitt und vaginale Geburt – pro und contra

Kaiserschnittoperation medizinisch betrachtet

Mehr zur Tokophobie

 


 

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