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Weihnachten in der Corona-Pandemie – wie kann man Kinder unterstützen?

Mittwoch, 16. Dezember 2020 bis Donnerstag, 31. Dezember 2020

Viele Kinder haben in diesem Jahr wieder ihre Wünsche ans Nikolauspostamt geschickt. Es gab kaum einen Brief, in dem es nicht auch um die Pandemie ging: „Mach das dumme Corona-Virus weg!“ – das wünschten sich viele Kinder. Auch häufig auf den Wunschzetteln zu finden: ein Wiedersehen mit den Großeltern an Heiligabend. Und sie sorgten sich um den Nikolaus: „Lieber Nikolaus, bleib gesund!“ Nicht nur die Briefe an den Weihnachtsmann und das Christkind zeigen, dass die andauernde Corona-Krise auch kleine Kinder beschäftigt.

Doch all ihren Wünschen zum Trotz – Corona macht vor Weihnachten nicht halt. Für die Familien bedeutet das, dass sie das Fest nicht wie gewohnt im großen Kreis feiern und reihum Verwandte und Freunde besuchen können. Darunter leiden alle Generationen, besonders aber die Kinder. Es sind die Rituale, die die Weihnachtstage für Kinder so besonders machen: Das Essen mit der ganzen Familie, gemeinsames Singen unter dem leuchtenden Weihnachtsbaum, Treffen mit Verwandten, die man das Jahr über nicht so häufig sieht. All das sind Traditionen, die für Heranwachsende eine Bedeutung haben. Sie geben Halt, sie schaffen Orientierung, sie stiften Identität. Es kann deshalb belastend sein, dass vieles jetzt anders ist.

Bauchschmerzen, Nervosität und Einschlafstörungen sind keine Seltenheit

Schon seit dem ersten Lockdown im Frühjahr treten in allen Altersgruppen psychosomatische Beschwerden deutlich häufiger auf, auch bei Kindern und Jugendlichen. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass sie die gesellschaftlichen Folgen der Pandemie besser wegstecken als Erwachsene. Laut einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf machen sich die meisten Kinder und Jugendlichen vermehrt Sorgen, achten weniger auf ihre Gesundheit und beklagen häufiger Streit in der Familie. Manche haben Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen, andere sind aggressiv, gereizt und nervös oder können schlecht einschlafen. Nicht wenige reagieren mit Rückzug und werden immer stiller. Jeder dritte Jugendliche fühlt sich traurig und niedergeschlagen. Die dunkle Jahreszeit begünstigt solche Verstimmungen noch.

Auch wenn die fehlenden Kontakte ein Stressfaktor für alle sind: Gerade junge Menschen beeinträchtigt es, wenn sie Freundschaften nicht wie gewohnt pflegen können. Sie brauchen ihre Peer-Group – also Gleichaltrige, mit denen sie sich austauschen und mit denen sie unbeschwert etwas unternehmen können. Kinder unter zwölf Jahren treffen die Kontaktbeschränkungen noch härter. Sie können in der Regel – anders als ältere Kinder – noch nicht über soziale Netzwerke Kontakte zu Freundinnen und Freunden aufrechterhalten.

Über Ängste und Sorgen sprechen

Wenn Ihr Kind unter dieser Situation leidet, ist das noch kein Grund, einen dauerhaften psychischen Schaden zu befürchten. Dennoch sollten Sie die Ängste und Beschwerden ernst nehmen, empfiehlt der Diplom-Psychologe Florian Hammerle, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut an der Universitätsmedizin Mainz. Sprechen Sie Ihr Kind an, wenn Sie merken, dass etwas nicht in Ordnung ist. Fragen Sie es nach seinen Gefühlen und sprechen Sie offen darüber – auch über die eigenen Gedanken. Das hilft Ihrem Kind, besser mit seinen Problemen umzugehen. Es weiß dann: Sich Sorgen zu machen und Angst zu haben, ist ganz normal. Das geht den Erwachsenen auch nicht anders. Unerlässlich ist es, nach einem solchen Gespräch die Kinder aus ihrer Angst und Ohnmacht herauszuholen. Das können Eltern – gerade jetzt in der Weihnachtszeit – erreichen, wenn sie die Kinder aktiv in Planungen miteinbeziehen und auch die Kleinen schon ihre eigenen Ideen und Vorstellungen einbringen können.

Planen Sie gemeinsam das Weihnachtsfest

„Was können wir unter den gegebenen Umständen machen? Was geht nicht?“ Das sollten Familien gemeinsam mit ihren Kindern überlegen. Auch wenn manches anders sein muss als sonst: Es ist nicht nötig, auf alle gewohnten Rituale zu verzichten. Man kann den Weihnachtsbaum zusammen schmücken, gemeinsam Plätzchen backen, Geschenke basteln, Päckchen packen – wie im Jahr zuvor. Aber vielleicht sogar mit mehr Zeit als sonst. Wenn das Fest ohne die Großeltern oder andere liebe Menschen stattfinden muss: Wie kann man ihnen trotzdem nahe sein? Darüber sollte man mit den Kindern sprechen. Neben Treffen im virtuellen Raum gibt es noch viele weitere Möglichkeiten. Gerade kleine Kinder können da sehr kreativ sein, ist Florian Hammerle überzeugt. Vielleicht schicken sie ihren Teddybären an die Oma, damit sie an den Feiertagen nicht allein ist? Oder vielleicht kann der gemeinsame Weihnachtsspaziergang im Wald ein Ersatz für das Festessen sein, das nicht mit allen stattfinden kann?

Sehen Sie die Chancen

Weihnachten wird in diesem Jahr anders werden als gewohnt – akzeptieren Sie es einfach und begreifen Sie es nicht nur als Verzicht. Das bietet die Chance, in der Familie etwas Neues auszuprobieren. Viele Dinge tun wir nur, weil wir sie schon immer so gemacht haben. Das ist schön, aber es hemmt auch die Entwicklung. Dieses Jahr ist dazu geschaffen, sich alternative Abläufe auszudenken und neue Rituale zu erfinden. Und – was die Stimmung immer hebt: Schmieden Sie Pläne! Irgendwann wird es auch wieder ein großes Familienfest geben. Überlegen Sie mit Ihren Kindern, was sie dann alles machen werden und freuen Sie sich darauf.

Selbstwirksamkeit erfahren

Aktiv zu sein, hilft gegen depressive Stimmungen. Wir alle, auch Kinder, brauchen das Gefühl, etwas bewirken zu können. Gerade Kinder wollen helfen, sie wollen sich engagieren, sie wollen ein Teil der Gemeinschaft sein. Sie freuen sich, wenn sie etwas Sinnvolles tun können – zum Beispiel für die alte Nachbarin einkaufen gehen oder ihren Hund ausführen. Oder Plätzchen für die Bewohnerinnen und Bewohner im Seniorenheim backen und sie an Heiligabend dorthin bringen. Darüber freuen sich nicht nur die Mitmenschen, es ist auch für die seelische Gesundheit Ihres Kindes gut.

Die Pandemie ist für uns alle ein Stresstest. Seien Sie also nicht zu beunruhigt, wenn Ihr Kind in dieser Zeit ab und zu traurig ist oder wenn Verhaltensprobleme auftreten. Sollte das aber andauern und Sie das Gefühl haben, der Situation nicht mehr gewachsen zu sein, dann suchen Sie sich professionelle Unterstützung.

© Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
Text: Marion Mück-Raab
Redaktion: Birgit Kahl-Rüther, Mail: bkahl@lzg-rlp.de


Weiterführende Links

Empfehlungen der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung zum Fest in Pandemie-Zeiten

Weihnachten trotz Corona feiern? 6 Tipps der Verbraucherzentrale

Corona-Angst bei Kindern: Wie damit umgehen?

Das Elterntelefon Nummer gegen Kummer berät unter 0800 111 05 50 Eltern, die sich Sorgen um ihr Kind machen.

Pressemitteilung der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf zur COPSY-Studie über psychosomatische Beschwerden von Kindern in der Corona-Pandemie


 

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