06131-2069-0

Was ist eine Psychotherapie?

Psychotherapie bedeutet Heilbehandlung der Seele. Heute versteht man darunter die Behandlung seelischer Erkrankungen durch Gespräche und Übungen mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Eine psychotherapeutische Behandlung dient im Fall der Depression dazu, die Gründe der Erkrankung, die nicht körperlicher Natur sind, zu ermitteln und zu behandeln.

Es gibt verschiedene psychotherapeutische Verfahren. Vereinfacht lässt sich die Psychotherapie in zwei Richtungen trennen: Verhaltenstherapeutische Ansätze, die sich auf die Situation in der Gegenwart konzentrieren, und tiefenpsychologische Ansätze, die die Ursachen der Erkrankung im Unbewussten und in der Vergangenheit sehen.

Die Verhaltenstherapie basiert auf Ergebnissen der Lernforschung. Ihr Ziel ist es, dass Erkrankte Verhaltensweisen, die die Depression mit verursachen, durch Gespräche, Übungen und neue Einsichten erkennen und ändern. Dabei wird die seelische Erkrankung als eine Art falsch eingeübtes Verhalten angesehen, das man durch entsprechendes Training wieder ändern kann.

Die gleiche Situation – unterschiedliche Reaktionen

Ein vereinfachtes Beispiel: Zwei Menschen erleben die gleiche Situation, etwa die Ablehnung ihrer Bewerbung um eine Arbeitsstelle. Der erste Bewerber hat daraufhin vielleicht folgende Gedanken: „Es gab viele Bewerber und es konnte nur eine Stelle vergeben werden. Vielleicht war der erfolgreiche Bewerber dem Personalchef privat empfohlen worden. Hoffentlich hat meine nächste Bewerbung mehr Erfolg.“

Der zweite Bewerber denkt möglicherweise ganz anders: „Ich habe die Ablehnung fast erwartet. Wahrscheinlich waren alle Mitbewerber besser als ich. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass aus mir nie etwas wird. Ich werde niemals einen guten Job bekommen. Ich bin nichts wert, mein Leben ist sinnlos.“

Dieses überspitzte Beispiel zeigt deutlich, dass es unterschiedliche Wege gibt, ein negatives Erlebnis zu verarbeiten. Es bedeutet natürlich nicht, dass jemand, der schlecht mit Enttäuschungen umgehen kann, automatisch an einer Depression erkrankt. Es zeigt aber, dass die Reaktion eines Menschen auf eine erlebte Enttäuschung unter Umständen zu weiteren Enttäuschungen führen kann.

Andere Verhaltensweisen erlernen

Ein Verhaltenstherapeut, eine Verhaltenstherapeutin wird „falsche“ Wege herausarbeiten und versuchen, gemeinsam mit den Betroffenen Strategien zu erarbeiten, die dabei helfen, mit persönlichen Niederlagen besser umzugehen.

Manchmal erfolgt die Therapie in Gruppen, um durch gemeinsame Arbeitsschritte und -erfolge den Ansporn bei den Betroffenen zu erhöhen und ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein mit ihren Beschwerden sind.

Die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie für die Depression ist gut untersucht und nachgewiesen.

Die Grundlage der Interpersonellen Therapie bilden wissenschaftliche Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Depressionen mit vier Themenbereichen in Verbindung stehen:

  • Verlust von geliebten Menschen und entsprechende Trauer,
  • zwischenmenschliche Konflikte,
  • Abschluss von Lebensabschnitten,

Aus diesen vier Bereichen werden für die Therapie meist zwei Themen ausgewählt, die für die jeweilige Person am wichtigsten sind.

Zwischenmenschliche Beziehungen als zentrales Thema

Im Mittelpunkt der therapeutischen Gespräche stehen die Beziehungen der Patientin oder des Patienten zu ihren Mitmenschen. Auch wenn Konflikte mit Partnern oder Angehörigen selten eine Depression auslösen, so werden doch die zwischenmenschlichen Beziehungen der depressiven Person durch die Krankheit meist stark belastet.

Die Therapierenden ermuntern ihre Patientinnen und Patienten stets zum Ausdruck von vorhandenen Gefühlen und Gedanken. Neue oder schwierige Situationen werden immer wieder im Rollenspiel geübt.

Besonders gut für Ältere geeignet

Die Wirksamkeit der IPT bei depressiv erkrankten Menschen ist in methodisch sorgfältigen wissenschaftlichen Untersuchungen belegt worden. Als Therapieform ist sie zwischen der tiefenpsychologischen Psychotherapie und der Verhaltenstherapie einzuordnen. Leider bieten derzeit nur wenige Therapeutinnen und Therapeuten in Deutschland diese Therapie an.

Weil sie Themen wie Trauer und den Abschluss von Lebensabschnitten aufgreift, eignet sich die Interpersonelle Psychotherapie besonders gut für ältere Menschen. Gerade für diese konnte die Wirksamkeit der Interpersonellen Therapie sehr gut nachgewiesen werden.

Die Dauer der Behandlung wird, wie bei der Verhaltenstherapie, auf eine bestimmte Anzahl von Sitzungen begrenzt.

Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie nimmt an, dass das Problem oder die Erkrankung auf einem unbewussten inneren Konflikt beruht, der durch negative oder unangenehme Erfahrungen oder Erlebnisse in der individuellen Geschichte/Kindheit entstanden ist.

Die Therapeutin oder der Therapeut versucht, diesen zentralen Konflikt bewusst zu machen und durch das wiederholte Erinnern und Durchleben der auslösenden Erfahrungen die aktuellen Symptome aufzulösen und die Depression zu heilen.

Die klassische Psychoanalyse dagegen nimmt an, dass nicht ein zentraler, sondern mehrere unbewusste Konflikte Ursache für die Erkrankung sind. Eine Psychoanalyse geht daher stärker in die Tiefe. Sie ist mit 100 bis 200 oder mehr Sitzungen und 2 bis 4 Sitzungen in der Woche die längste und intensivste Form der Psychotherapie.

Zur Wirksamkeit der psychoanalytischen Therapien liegen bisher wenige Belege aus methodisch guten Untersuchungen vor. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass diese Therapieverfahren unwirksam sind. Die Erfahrung zeigt vielmehr, dass sie bei vielen depressiven Patienten zum Erfolg führen.

Beim Psychotherapie-Informations-Dienst erfahren Sie mehr über die Unterschiede und Anwendungsbereiche der verschiedenen Therapiekonzepte.

Neben den oben genannten Therapien wird depressiv erkrankten Menschen eine große Zahl weiterer Behandlungsmöglichkeiten angeboten, z.B. Musik-, Kunst- oder Tanztherapie.

Problematisch ist, dass wissenschaftliche Untersuchungen die Wirksamkeit dieser Verfahren bisher nicht belegen konnten. Dies bedeutet nicht, dass die eine oder andere Therapie nicht doch für den einzelnen Menschen eine große Hilfe sein kann.

Als alleiniger Behandlungsansatz sind diese Verfahren aber bei schweren Depressionen nicht zu empfehlen, da das Risiko der Unwirksamkeit relativ hoch ist und man Therapien vorziehen sollte, deren Wirksamkeit überzeugend bewiesen wurde.

Für die Wahl der richtigen Psychotherapeutin oder des richtigen Psychotherapeuten gibt es keine Faustregel – nur so viel: Die „Chemie“ muss stimmen.

Wichtig ist, dass eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden kann, die auch Herausforderungen im Therapieprozess aushält. Die Therapeutin oder der Therapeut sollte genügend Einfühlungsvermögen aufbringen, Ihre Lage zu verstehen und Ihre Gefühle nachvollziehen zu können. Auch sollten Sie eine klare Vorstellung von dem bekommen, was Sie erwartet. Vorsicht ist bei „Schnell- oder Wunderheilern“ geboten.

Auf Qualifikation achten

Die Psychotherapie kann verordnet werden von Fachärztinnen und Fachärzten für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie oder von psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Eine Psychotherapie kann sowohl von Ärztinnen und Ärzten als auch von Psychologinnen und Psychologen durchgeführt werden. Dabei sollte auf den Zusatztitel „Psychotherapie“ geachtet werden, der seit 1999 geschützt ist. Therapierende mit dieser Bezeichnung haben eine einheitliche Grundausbildung absolviert und die generelle Erlaubnis zur Ausübung des Berufes des Psychotherapeuten erlangt.

Kontaktdaten finden

Adressen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhalten Sie bei Ihrer örtlichen Krankenkasse oder der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung. Hier gibt es auch einen Arztfinder

Auch die Landespsychotherapeutenkammer in Rheinland-Pfalz vermittelt über die Psychotherapeutensuche Anschriften und Telefonnummern registrierter Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die Suche berücksichtigt auf Wunsch auch Kriterien wie „Geschlecht“ oder „Sprachkompetenz“ in ihrer Trefferliste.

Leider kommt es zum Teil zu längeren Wartezeiten. Daher lohnt es sich, sehr frühzeitig Kontakt zu Therapeutinnen und Therapeuten aufzunehmen.

Probesitzungen nutzen

Haben Sie sich für eine bestimmte Therapie entschieden, sollten Sie mit einer entsprechenden Therapeutin bzw. einem Therapeuten einige sogenannte probatorische Sitzungen vereinbaren. So finden Sie heraus, ob eine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen kann.

Die Krankenkassen bezahlen maximal fünf probatorische Sitzungen – unabhängig von der später bewilligten Anzahl von Therapiestunden.

Legen Sie großen Wert auf diese vorbereitenden Gespräche – nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen und Sie Vertrauen fassen können, kann die Therapie Erfolg bringen.

Natürlich kann auch Ihre vertraute Ärztin oder Ihr Arzt die Therapie durchführen, sofern sie oder er dafür ausgebildet ist.